Nach vielen Jahren der intensiven Beschäftigung mit dem, wie Kommunikation wirkt und was eher zu einem authentischen und wertschätzenden Miteinander beiträgt und was nicht, hatte ich – so war ich überzeugt – meine Zwiebel geschält und war zu meinem authentischen und wahrhaftigen Kern ein gutes Stück vorgedrungen. Doch nun fragte ich mich, ob ich mich im Laufe der Jahre – überspitzt gesagt – zu einer eher „konfliktscheueren“ Grundhaltung entwickelt hatte.
Meine Neugierde war geweckt und ich fing an zu recherchieren. Bei meiner Suche fand ich einen Artikel, der genau zu meinen Überlegungen passte: „Richtig streiten“ (Link zum Artikel auf Zeit Online). Die Autorin zitierte den Psychologen Philipp Yorck Herzberg von der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg, der vier Konfliktlösungsstile bei Paaren unterscheidet. Drei davon sind so schädlich für die Beziehung, dass man sie sich abgewöhnen sollte: sehr kämpferisch zu streiten, sich schnell zurückzuziehen und zu nachgiebig zu sein. Auch weil diese drei Arten zu streiten langfristig dazu führen, dass man insgesamt mit der Beziehung unzufrieden ist, wird der sogenannte „positive Stil“ empfohlen, bei dem sich Paare auch streiten, jedoch bald zu einem Kompromiss kommen.
Auch fand ich spannend, dass die neue Schule der Kommunikationspsychologie „Du-Botschaften“ durchaus wieder als angemessen bezeichnet. Insbesondere, wenn sich über längere Zeit der Ärger zu einem heftigen Sturm zusammengebraut hatte, seien „Du-Botschaften“ authentischer und besser einzuprägen und können geradezu heilsam sein. Maud Winkler empfiehlt daher: „Klarheit vor Schönheit – lieber deutlich sagen, was Sache ist, als sanfte Sätze zu formulieren, in denen die eigentliche Aussage verloren geht.“
Wie erleben dich deine Mitmenschen, wenn ihr streitet?
Bist du eher konfliktscheu oder streitlustig?
Auch wenn ich weiterhin weder Kompromisse als Lösung noch Du-Botschaften per se als geeignete Form betrachte, habe ich meinen Blick doch noch mal weiten können und lerne gerade auch die andere Perspektive besser kennen. Dabei finde ich auch die Erläuterungen von Friedrich Glasl rund um das Thema „Konflikte“ sehr bereichernd (Link zum Buch). Er unterscheidet z. B. zwischen „Differenzen“, die wir alle mit allen Menschen haben, und „sozialen Konflikten“. Er führt vier Ebenen auf, auf denen wir „Differenzen“ erleben: im Wahrnehmen, im Denken und Vorstellen, im Fühlen und im Wollen. Auch nimmt Glasl Bezug auf die in der Natur zu findenden Unterschiede, die die notwendige Voraussetzung für Leben und Entwicklung sind. Er empfiehlt die Haltung des rücksichtsvollen Konfrontierens, als Brücke zwischen einer konfliktscheuen und streitlustigen Grundhaltung. Diese kommt der Haltung der Gewaltfreien Kommunikation (nach Marshall B. Rosenberg) sehr nah: Kraftvolle Selbstvertretung und Wertschätzung der Bedürfnisse des anderen sind in Balance. Willst du mehr über die Gewaltfreie Kommunikation erfahren, dann sei beim nächsten kostenfreien Online-Einführungstraining dabei. Nähere Informationen findest du über diesen Link.
Wie wurde in deinem Elternhaus gestritten?
Welche Streitkultur hast du übernommen?
Bei uns zu Hause wurden die Fenster zugemacht, wenn es mal laut wurde. „Müssen doch die Nachbarn nicht mitbekommen, dass wir streiten”, erinnere ich die Worte meines Vaters. Auch kann ich mich daran erinnern, dass mein Vater gewisse Gespräche noch als Diskussion bezeichnet hatte, wohingegen meine Mutter bereits von Streit sprach. Scheinbar fließen bei unserer persönlichen Beurteilung, ob wir noch diskutieren oder schon streiten, die Wortwahl ebenso wie der Ton und die Lautstärke mit ein. Friedrich Glasl führt an, dass sich „Differenzen“ zu „sozialen Konflikten“ entwickeln, wenn das unterschiedliche Erleben, also die Differenzen, nicht nebeneinander stehenbleiben dürfen, sondern die Auffassung des anderen als persönliche Beeinträchtigung im Wahrnehmen, Denken und Vorstellen, Fühlen und Wollen und damit Verhalten erlebt wird.
Worüber lohnt es sich zu streiten?
Wofür streitest du?
Nicht selten haben wir auch einen Konflikt über den Konflikt. Dann geht es nicht mehr um die Sache oder das persönliche Verhalten, sondern um den Umgang damit. Und spätestens an diesem Punkt meiner Reflexion und Erforschungsreise wurde mir wieder klar, wie komplex, aber eben auch magisch ein Konflikt sein kann. Wenn es uns gelingt, von „warum“ wir streiten zu „wofür“ wir streiten zu kommen, können wir den Fokus auf unsere Bedürfnisse lenken und damit zu einer co-kreativen Lösung gelangen, anstatt zu einem Kompromiss, in dem jeder etwas zurückhält. Dabei kann die Lösung ebenso wenig in der Konfliktvermeidung mit Fluchttendenzen wie der Streitlust mit Aggressionstendenzen liegen, sondern in dem sicherlich individuell erlebten goldenen Mittelweg, also einer kraftvollen Selbstvertretung UND wertschätzenden Haltung dem anderen gegenüber.
Reinhard K. Sprenger spricht von der „Magie des Konflikts“ in seinem gleichnamigen Buch (Link zum Buch). Und ich sage nach den Erkenntnissen der letzten Wochen: Wenn der Konflikt dafür genutzt wird, hinter das Offensichtliche zu blicken, kann Wahrhaftigkeit im Miteinander entstehen und dies kann magische Wirkung haben.
„Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.“ (Rumi)
Was heißt für dich „gut“ streiten? Ich freue mich, darüber mit dir ins Gespräch zu kommen.
Du willst deine eigene Konfliktfähigkeit reflektieren und die Zwiebel deiner Persönlichkeitsentwicklung weiter schälen? Dann komm zu mir ins Coaching und finde heraus, wie du zu einer Balance aus kraftvoller Selbstvertretung und Wertschätzung der Bedürfnisse des anderen gelangen kannst. Rufe mich unter: 0151/46525418 an oder schreibe mir eine E-Mail: info@elkendorf-coaching.de.
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Herzliche Grüße
Vera Elkendorf
Dein Coach für mehr Lebensfreude