Die meisten von uns sind in einer Welt aufgewachsen, in der es ein Richtig und ein Falsch gab. Häufig wurde dies vom Elternhaus und dem Schulsystem, welches wir durchlaufen haben, vorgegeben. Abweichungen von diesem Richtig und Falsch haben wir emotional oder auch körperlich, mit irgendeiner Art von Liebesentzug, zu spüren bekommen. Einige haben sich angepasst, um den Schmerzen, die dieser Liebesentzug immer wieder in uns hervorgerufen hat, zu entgegen, und haben in Folge dessen, diese Vorgaben auch für ihre Sicht auf die Welt übernommen. Einem ersten „Stress-Test“ durchlaufen wir in unserer Entwicklung, wenn wir im Studium, dem ersten Job, bei einer Reise in eine andere Kultur oder im Zusammenleben mit einem anderen Menschen, auf einmal mit ganz anderen Vorstellungen – einem anderen Richtig und Falsch auf dieser Welt – konfrontiert werden. Häufig wird unsere „kleine Welt“ auch durch eine persönliche Krise im Kern erschüttert. Wir verlieren unseren Job, für den wir alles gegeben haben, unser Partner verlässt uns, obwohl wir doch alles für ihn getan haben (vgl. Artikel “Der Sinn deiner Beziehung“) oder eine schwere Krankheit zwingt uns umzudenken. Wer in der Krise die Chance für persönlichen Wachstum entdeckt hat, der sieht die Welt danach mit anderen Augen.
„Wissenschaft ist der aktuelle Stand des Irrtums.“ (Eckart von Hirschhausen)
Im Laufe unseres Lebens werden wir also immer wieder mit anderen Ansicht auf die Welt konfrontiert. Bereits in der Kindheit haben wir dafür eigene Bewältigungsstrategien entwickelt, nicht immer sind diese gesund, doch sie haben uns damals das Überleben gesichert. Für unser Gehirn bedeutet jede für uns neue und unbekannte Perspektive auf die Welt, damals wie heute, Stress. Unser Gehirn ist großartig darin Informationen einzusortieren und Verbindung zu ziehen, und zwar schnell. Über Jahrmillionen hat uns dies unser Überleben gesichert. Doch unser Kosmos wird immer komplexer, innerhalb kürzester Zeit verändert sich die Welt auf so rasante Art und Weise, dass wir kaum noch hinterher kommen. Erschwerend kommt der unablässige Strom an Informationen hinzu. Und trotz aller dieser Informationen und vermeintlichen Fakten ist nicht klar, was dies nun konkret zu bedeuten hat (siehe Corona). Wenn unser Gehirn all diese Informationen nicht einordnen und verstehen kann, entsteht Stress. Der möglicherweise über Tage, Wochen oder Monate anhält. In Folge reagiert unser Organismus z. B. mit erhöhte Reizbarkeit, Schlafstörungen, einer Veränderung des Essverhaltens oder psychosomatischen Beschwerden auf diesen Stress.
- Wie reagiert dein Körper auf Stress?
- Welche Bewältigungsstrategie hast du gefunden?
- Wie bewältigst du die Flut an Informationen, die jeden Tag auf dich einströmen?
- Kannst du es aushalten nicht alles zu wissen?
- Kannst du aushalten, dass andere Menschen komplett unterschiedlich denken und fühlen als du?
Auch wenn es ungewohnt klingt, mir hilft es ungemein mir die Sätze: “Kann ich es aushalten nicht alles zu wissen? Kann ich es aushalten, dass andere Menschen komplett unterschiedlich denken und fühlen als ich?” innerlich liebevoll und sanft zu zuflüstern. Es befreit mich von dem inneren Drang alles verstehen und begreifen zu müssen. Ich halte einfach aus, dass es diese und jene oder sogar eine ganz konträre Ansicht auf ein und dieselbe Sache gibt.
Vielleicht gelingt es dir „auszuhalten“, wenn deine Nachbarn anders denken und fühlen als du, aber was, wenn dein Partner, deine Kinder, deine beste Freundin oder Freund eine fundamental andere Position vertritt. Probiere es mal mit: „Ich halte aus nicht alles zu wissen. Ich halte aus, dass er oder sie komplett unterschiedlich denkt und fühlt wie ich.“ Damit steigest du deine Ambiguitäts-Toleranz, und damit die Fähigkeit beiden Seiten (oder mehreren) die Ehre zu geben. Insbesondere im Umgang mit Konflikten ist dieser integrative Blick wertvoll. Es schließt das Bewusstsein ein, dass es keinen absolut richtigen Weg gibt, sondern dass man sich versuchsweise vortasten muss. Wenn wir das verstehen, dann wissen wir, dass die Sicht meines Gegenübers prinzipiell nicht falscher als meine eigene ist!
Zum Abschluss noch diese wunderbare Zen-Geschichte „Man wird sehen“, die man sich in dieser Zeit nicht oft genug vor Augen führen kann – gerne auch weitererzählen.
Ein Bauer hatte ein Pferd, aber eines Tages lief es fort und der Bauer und sein Sohn mussten ihre Felder selbst pflügen. Die Nachbarn sagten: “Was für ein Pech, dass euer Pferd weggelaufen ist!”. Aber der Bauer antwortete: “man wird sehen”. Eine Woche später kam das Pferd zum Bauernhof zurück und brachte eine ganze Herde wilder Pferde mit. “So viel Glück!” riefen die Nachbarn, aber der Bauer sagte: “man wird sehen”. Kurz danach versuchte der Sohn des Bauern, eines der wilden Pferde zu reiten – aber er wurde abgeworfen und brach sich ein Bein. “Oh, so ein Pech!” Die Nachbarn hatten Mitleid, aber der Bauer sagte wieder: “man wird sehen”. Ein paar Tage später zog der Landesherrscher alle jungen Männer in sein Heer ein, um in die Schlacht zu ziehen. Aber den Sohn des Bauern ließen sie wegen seines gebrochenen Beins zu Hause: “Was für ein Glück, dass dein Sohn nicht in die Schlacht ziehen muss!” freuten sich die Nachbarn. Aber der Bauer bemerkte nur: “man wird sehen”.
Wie die Geschichte wunderbar auf den Punkt bringt „man wird sehen“, wozu das alles führt, welchen Sinn es hat und in was für einer Welt wir leben werden. Doch zugleich dürfen wir uns von dem Wunsch verabschieden, dass sich in einer Welt geprägt von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität irgendwann wieder die Eindeutigkeit einstellt, die sich manch einer so sehr wünscht.
Ich wünsche dir in dieser stürmischen Zeit, die Zuversicht „man wird sehen“ und die Fähigkeit „auszuhalten“. Du möchtest deine Bewältigungsstrategie reflektieren und einen liebevollere Umgang mit dir selbst lernen? Dann komme zu mir ins Coaching und lasse dich von mir ein Stück des Weges begleiten. Ich freue mich von dir unter info@elkendorf-coaching.de zu lesen oder unter 0151/46525418 zu hören.
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Herzliche Grüße
Vera Elkendorf
Dein Coach für mehr Lebensfreude